Nach ein bisschen „in Ruhe frühstücken“ (a.k.a. „An Homepage arbeiten, Listen schreiben, Fotos sortieren“) starteten wir den heutigen Tag mit einem kurzen Besuch im Shelter.
Dort bekam Bia zunächst Unterstützung beim Reinigen der vielen vielen Katzenklos. Die Arbeit für die Katzen erschwert den Mädels derzeit den Alltag sehr, denn es dauert einfach sehr lange, dort alles auf Vordermann zu bringen. Wir haben daher versprochen, unser Bestes zu geben und all den tollen Miezen bei der Suche nach einem liebevollen Zuhause zu unterstützen.
Bei der nächtlichen Durchsicht der Bilder fiel uns auf, dass einige unser ganz tollen Hunde auf ihren Fotos leider nicht einmal halb so charmant rüberkommen, wie sie sich in echt präsentieren. Kennt ihr das, wenn der wahre Charme erst im echten Leben so wirklich rauskommt? Von diesen Kandidaten haben wir einige im Shelter sitzen und wie es der Teufel so will sogar gemeinsam in einem Auslauf.
Es gab also eine kleine Videosession mit besagten Hunden und wir hoffen sehr, dass unser Goldschätze sich dadurch ein bisschen besser präsentieren können. Wir freuen uns sehr sie euch bald vorzustellen.
Nach einem kleinen Schnack mit Bia machten wir uns mit Gabriela auf den Weg nach Afumati. Auf dem Weg dorthin passierte das, was auf rumänischen Straßen leider Gang und Gebe ist: ein Huschen im hohen Gras, ein schwarzer Blitz über die Straße. Sofort war klar: Welpen.
Seufzend hielten wir am Straßenrand an und machten uns auf, die Babys zu retten, die diesen gefährlichen Ort als ihren Spielplatz zugeteilt bekommen hatten. Einer floh leider sofort vor uns und war auch durch Gabrielas Locken nicht aufzuhalten. Der andere hingegen stoppte und zögerte, offensichtlich hin und her gerissen zwischen seiner Angst und seinem Wunsch, uns kennen zu lernen. Schnell siegte die Neugier und Gabriela konnte ihn sichern. Sein Geschwisterchen war leider nicht mehr auffindbar.
Das kleine schwarze Würmchen war zwar nicht geflohen, dafür aber komplett verfloht, weshalb wir ihn auf den Namen Flo tauften. Seine ganze Haut ist übersät mit Flohbissen, er kratzt sich so sehr, dass er dabei herzzerreißend aufjault. Flo wandelte sich enorm schnell vom kleinen hängenden Tropf, der vor Angst unter sich machte, zum Kuschelhund, der am liebsten in uns hineinkriechen wollte und schon freudig mit dem kleinen Schwänzchen wedelte, wenn er angesprochen wurde.
In Afumati angekommen lernte ich Amira und ihre Oma kennen, die sich dort um die Tiere kümmert. Trotz ihrer schwierigen Situation nahmen sie unseren Flo herzlich auf und zum Einstand gab es erstmal ein Mittel gegen Parasiten.
Afumati ist ganz anders als das Shelter. Ein Ort, an dem eine Frau mit ihrer Enkelin ihr Leben lebt und mit ihrem großen Herzen ihr Bestes für die Tiere tut. Gabriela hilft ihr dabei wann immer sie kann und kennt die Hunde auch gut.
Von ihr wurden wir nacheinander in die Kennel der Hunde geführt. Dort bot sich uns jeweils ein Bild, das man ziemlich gut mit dem Wort „Chaos“ zusammenfassen könnte. 5-6 Junghunde, die uns einen Empfang bescherten, auf den die Backstreet Boys in den 90ern neidisch gewesen wären. Vor lauter wild umherwuselnden Hundeleibern, Anspringen, Umrennen und in uns Hineinkriechen war das Fotografieren fast unmöglich. So wenig Zeit, so viel Liebe, die verteilt werden wollte. Herausstachen einige, die inmitten dieses unfassbaren Gewusels ihre Sanftheit nicht verloren haben, sich hauptsächlich so dringend benötigte Streicheleinheiten abholten und einfach nur den Moment genossen. Amaira mit ihren 3 Jahren ließ sich von den Junghunden fast nicht aus der Ruhe bringen und steckte die einjährige Hailey mit ihrem Bestreben nach Kuschelzeit an.
Auch Chuck und Caitlyn standen mehr auf zwei Beinen als auf vieren, denn ihr sehnlichster Wunsch war es offensichtlich, sich tief in uns zu verkriechen und jede Sekunde des menschlichen Kontaktes in sich aufzusaugen.
Und das sind die Momente, die einem als Tierschützer das Herz zerreißen. Die Ungewissheit, ob wir ihnen jemals mehr als diese wenigen Sekunden ermöglichen werden können. Das Wissen, wie schwierig es ist, verantwortungsbewusste Pflege- oder Endstellen zu finden, die einem einjährigen Junghund im größten „Flausenalter“ die Zeit, Arbeit, Nerven und Liebe schenken, die benötigt wird, um die wenigen Erfahrungen ihres bisherigen Lebens auszugleichen und ihnen hilft, die Familienmitglieder zu werden, die sie offensichtlich so gern wären.
Die kleine Honey, der ich auf Bildern bereits mein Herz geschenkt hatte, machte den Kloß im Hals nicht besser, denn Honey ist einfach nur die pure Angst. Gabriela holte sie aus ihrer Hütte und Honey ließ dies einfach nur über sich ergehen, vor Angst gelähmt. Sie wird einen Menschen brauchen, der mit den besonderen Bedürfnissen eines echten Angsthundes umgehen kann und ihr die nötige Zeit, Erfahrung, Stabilität und Erwartungslosigkeit gibt, die sie benötigt, um die Chance auf ein artgerechtes Hundeleben zu bekommen. Bis wir diese Nadel im Heuhaufen finden, sucht sie natürlich auch liebe Paten.
Nach einem leckeren selbst angebauten und zubereiteten Essen und vielen vielen Fotos von spielenden Katzenbabys und dem winzig kleinen Hundebaby, das im Feld neben dem Grundstück auftauchte, ging es dann zurück nach Craiova, wo ich noch bei einer kurzen Stippvisite Ani und Cosmin kennen lernen durfte, die sich um das „Altenheim“ in Goiesti kümmern, aber leider vor lauter Arbeit keine Zeit hatten, uns zu begleiten.
Zum Schluss wartete ein weiteres leckeres Essen und ein letzter Abend mit Bia, Dana, Gabriela und Nichi auf uns.
Es war wieder ein sehr sehr eindrucksvoller Tag, der wieder einmal verdeutlichte, wie wichtig die Zusammenarbeit der Tierschützer in Rumänien und dem deutschen Team mit allen Spendern, Pflegestellen und Adoptanten ist, um gemeinsam weiteres Leid zu verhindern und den bestehenden Hundeseelen eine Perspektive zu eröffnen und die Arbeit vor Ort zu unterstützen. Es wird nie aufhören, es wird immer mehr geben. Aber jeder einzelne hat den Kampf um ihn verdient, egal wie der individuell aussehen mag.
Nicole, 26.06.2023